Was bedeutet Barrierefreiheit für Websites in Österreich?
Barrierefreiheit im Web (auch „Accessibility“ genannt) zielt darauf ab, Online-Inhalte so aufzubereiten, dass sie von allen Menschen genutzt werden können – unabhängig von körperlichen, motorischen oder sprachlichen Einschränkungen. In Österreich sind laut Schätzungen etwa 1,7 Millionen Menschen temporär oder dauerhaft davon betroffen. Aber auch Personen ohne Behinderungen profitieren von klar strukturierten, leicht verständlichen Websites, zum Beispiel bei schlechter Internetverbindung oder starkem Lichteinfall auf dem Smartphone.

Warum ist die neue Regelung ab Juni 2025 so relevant?
Ab Juni 2025 greift der European Accessibility Act (EAA) in Österreich. Dieser verlangt, dass bestimmte Websites und digitale Dienstleistungen barrierefrei gestaltet werden. Unternehmen mit mehr als 400 Mitarbeitenden sind besonders in der Pflicht: Sie müssen mindestens eine Ansprechperson benennen, die sich um die Umsetzung kümmert. Bei Verstößen können Geldstrafen von bis zu 80.000 Euro verhängt werden – und das sogar mehrfach, wenn sich die Probleme dauerhaft nicht beheben lassen.
Hinweis: Hinweis: Seit 2018 gilt bereits für öffentliche Einrichtungen in Österreich eine ähnliche Verpflichtung. Nun folgt der nächste Schritt, der vor allem die Privatwirtschaft ins Visier nimmt.
Welche Websites sind betroffen?
Unternehmensseiten ab 400 Mitarbeitenden:
Wer Produkte oder Dienstleistungen digital anbietet, fällt unter die Regelung. Dazu zählen zum Beispiel Banken, Versicherungen, Online-Shops, aber auch Software-Anbieter.
Ausnahme: Kleinere Firmen
Reine Marketing-Websites von kleineren Betrieben ohne umfangreiche Online-Angebote sind (vorerst) ausgenommen. Trotzdem lohnt sich Barrierefreiheit auch für sie, denn nutzerfreundliche Seiten steigern die Reichweite und Kundenzufriedenheit.
Das braucht eine Website, um wirklich inklusiv zu sein:
- Saubere Technik
- Semantische HTML-Struktur: Screenreader können Überschriften (H1, H2 usw.), Listen, Formulare und Links nur richtig erkennen, wenn der Code ordentlich gepflegt ist.
- Tastaturbedienbarkeit: Alle Funktionen sollten ohne Maus nutzbar sein (Tabulator, Enter etc.).
- Skip-Links: Erlauben das Überspringen von Navigationen, damit Nutzer direkt zum Hauptinhalt springen können.
- Klares Design
- Ausreichender Kontrast: Nutzer mit Sehschwäche oder Farbenblindheit benötigen deutliche Unterschiede zwischen Text und Hintergrund.
- Barrierefreie Farbwahl: Markieren Sie wichtige Elemente nicht nur durch Farbe, sondern auch durch Symbole oder Text.
- Responsives Layout: Seiten sollten auf allen Geräten (Smartphone, Tablet, Desktop) flüssig funktionieren.
- Verständliche Inhalte
- Alternativtexte: Beschreiben Sie in Alt-Texten, was auf Bildern zu sehen ist. So werden diese Informationen auch für Screenreader zugänglich.
- Einfache Sprache: Nutzen Sie prägnante Sätze und klare Überschriften, damit auch Nutzer mit eingeschränkten Deutschkenntnissen den Inhalt erfassen können.
- Untertitel für Videos: Menschen mit Hörbehinderung oder Nutzer in lauter Umgebung können so problemlos folgen.
So klappt’s – Praxistipps zur Umsetzung
- Tastatur-Test: Schließen Sie probeweise die Augen oder verwenden Sie nur die Tastatur, um die Seite zu bedienen. Stoßen Sie auf Hindernisse? Dann sind Code-Anpassungen nötig.
- Automatische Checks: Tools wie der WAVE Accessibility Checker identifizieren schnell typische Barrieren.
- User-Feedback: Involvieren Sie betroffene Personen oder Fachleute. Authentische Tests decken Mängel auf, die Sie selbst leicht übersehen.
- Frühzeitige Planung: Berücksichtigen Sie Barrierefreiheit schon beim Designkonzept. Nachträgliche Umstellungen sind deutlich kostspieliger.
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Was passiert, wenn die Anforderungen nicht erfüllt werden?
Wer die Barrierefreiheit vernachlässigt, kann eine Verwarnung und später eine Geldstrafe bis 80.000 Euro erhalten. Bei wiederholter Missachtung drohen weitere Sanktionen. In Österreich wird eine Stelle im Sozialministerium stichprobenartig prüfen, ob die Richtlinien eingehalten werden. User können zudem Beschwerden einreichen, wenn sie auf unüberwindbare Barrieren stoßen.
FAQ
- Gilt diese neue Regel für alle Branchen?
Grundsätzlich ja, aber vor allem große Unternehmen und Dienstleister, die digital agieren, sind angesprochen. Kleinere Firmen mit rein informativen Websites sind zwar nicht offiziell verpflichtet, profitieren aber ebenso von barrierefreien Angeboten. - Kann ich meine Website mithilfe von Overlays schnell barrierefrei machen?
Overlays und Plug-ins können punktuell helfen, ersetzen jedoch keine strukturelle Barrierefreiheit im Code. Screenreader-Programme sind damit oft nur eingeschränkt kompatibel. - Welche Kosten kommen auf mich zu?
Wer Accessibility bereits früh einplant, hält die Kosten im Rahmen. Eine nachträgliche Umrüstung kann 20 bis 30 % teurer werden als eine barrierefreie Umsetzung von Anfang an. - Brauche ich ein spezielles Zertifikat?
Zertifikate wie das Web Accessibility Certificate (WACA) sind hilfreich, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben. Wichtig ist vor allem, die Richtlinien nachweislich einzuhalten. - Wie gehe ich am besten vor, wenn meine Website sehr umfangreich ist?
Ein schrittweiser Ansatz hilft: Zuerst die meistgenutzten Bereiche barrierefrei gestalten, dann nach und nach alle anderen Sektionen anpassen. So lassen sich Prioritäten setzen und Budgets einteilen.
Glossar
- European Accessibility Act (EAA): EU-Richtlinie, die ab Juni 2025 auch in Österreich bestimmte Unternehmen verpflichtet, barrierefreie Websites bereitzustellen.
- Screenreader: Software, die Bildschirminhalte für sehbehinderte Menschen vorliest oder in Brailleschrift ausgibt.
- Tastaturbedienbarkeit: Möglichkeit, eine Website oder Anwendung allein über die Tastatur zu steuern.
- Skip-Links: Links, mit denen Nutzer:innen langwierige Navigationsabschnitte überspringen können.
- Alt-Text (Alternativtext): Bildbeschreibung im HTML-Code, damit Screenreader den Inhalt eines Bildes erfassen kann.
- Responsives Design: Eine Gestaltung, die sich automatisch an unterschiedliche Displaygrößen anpasst.